Deutsches Bündnis Kindersoldaten und Brot für die Welt fordern zum Red Hand Day den kompletten Stopp von Kleinwaffenexporten und ein Rüstungsexportgesetz.
Berlin, 9.2.2017. Anlässlich des Red Hand Day veröffentlichen terre des hommes, die Kindernothilfe und World Vision Deutschland als Mitglieder des Deutschen Bündnis Kindersoldaten gemeinsam mit Brot für die Welt die Studie „Kleinwaffen in Kinderhänden. Deutsche Rüstungsexporte und Kindersoldaten". Sie rufen die Bundesregierung auf, den Export von Kleinwaffen und Munition komplett zu stoppen und ein Rüstungsexportgesetz mit rechtlich verbindlichen und einklagbaren Ablehnungskriterien zu schaffen. Rund 250.000 Kindersoldaten werden in mindestens 20 Ländern zum Kämpfen gezwungen oder als Spione, Lastenträger oder Sexsklaven missbraucht. In viele dieser Länder liefert Deutschland Waffen.
„Die Studie belegt, dass Deutschland Kleinwaffen, die tödlichste Waffenart, in viele Konfliktregionen liefert - auch in solche, in denen Kindersoldaten eingesetzt werden, beispielsweise in den Nahen Osten, Indien, Pakistan oder die Philippinen", sagte Ralf Willinger, Kinderrechtsexperte von terre des hommes und Sprecher des Deutschen Bündnis Kindersoldaten. „Deutschland ist folglich mitverantwortlich für die Eskalation von bewaffneten Konflikten und das Leid vieler Kinder in diesen Ländern."
Obwohl die Bundesregierung seit Jahren von Kinder- und Menschenrechtsorganisationen und dem UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes auf diese Missstände hingewiesen wird, sieht sie bisher offenbar keinen Handlungsbedarf. „Die Studie entlarvt die Behauptung der Regierung, die deutsche Rüstungsexportpolitik sei restriktiv, als reines Wunschdenken oder bewusste Falschaussage. Anstatt die vorliegenden Fakten zu verharmlosen, ist es höchste Zeit, dass die Regierung eine wirklich restriktive Rüstungsexportpolitik umsetzt. Der erste Schritt dahin sollte ein kompletter Stopp des Exports von Kleinwaffen und entsprechender Munition sein, denn deren Verbreitung hat sich als unkontrollierbar erwiesen, selbst bei Lieferungen an NATO- und EU-Länder. Ein zweiter notwendiger Schritt ist ein Rüstungsexportgesetz mit rechtlich verbindlichen, einklagbaren Ablehnungskriterien", so Willinger.
Michael Davies, ehemaliger Kindersoldat aus Sierra Leone, sagte: „Als ich als Jugendlicher in Sierra Leone kämpfen musste, habe ich auch viele G3-Gewehre gesehen. Waffenlieferungen in Konfliktregionen müssen dringend gestoppt werden, sie heizen dort die Konflikte an."
Frank Mischo, Kinderrechtsexperte der Kindernothilfe und Sprecher des Bündnis Kindersoldaten: „Anstelle einer konsequenten Rüstungsexportbegrenzung stiegen laut Sigmar Gabriel die Genehmigungen für Kleinwaffenexporte um 47 Prozent von 32 Millionen Euro 2015 auf 47 Millionen Euro 2016. Mehr als ein Drittel davon ging in Drittländer, von denen viele in Krisengebieten mit bewaffneten Konflikten liegen. Das steht im krassen Gegensatz zu den Ankündigungen der Bundesregierung und stellt wirtschaftliche und sicherheitspolitische Interessen über Kinderrechtsverletzungen." Mischo führt weiter aus: „Deutschland strebt einen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen an. Dafür sollten Kinderrechte beachtet und die Empfehlungen des UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes umgesetzt werden. Das beinhaltet vor allem eine Vorbildfunktion Deutschlands - also nicht nur eine restriktive Rüstungsexportpolitik, sondern auch den Verzicht auf die Rekrutierung Minderjähriger in die Bundeswehr."
Andreas Dieterich, Referent für Zivile Konfliktbearbeitung bei Brot für die Welt: „Einer Emnid-Umfrage zufolge sprachen sich im vergangenen Jahr 83 Prozent der befragten Deutschen gegen Rüstungsexporte aus. Dennoch hat die Bundesregierung im selben Jahr die Ausfuhr von Rüstungs-gütern in Höhe von insgesamt 6,88 Milliarden Euro genehmigt. Pistolen wie die Walther P99 oder die Sig Sauer SP 2022 gelten im Genehmigungsverfahren bisher als ‚zivile Waffen‘, obwohl sie vielerorts militärisch verwendet werden. Ein restriktives Exportkontrollgesetz ist überfällig, um dies zu unterbinden. Nach deutscher Rechtslage dürfen keine Waffen in Spannungsgebiete geliefert werden. Dennoch gelangen Kleinwaffen aus deutscher Produktion immer wieder in Gebiete, in denen Gewaltkonflikte, Unterdrückung und Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind."
Am 12. Februar 2002 ist das Zusatzprotokoll zur Kinderrechtskonvention zu Kindern in bewaffneten Konflikten in Kraft getreten, das den Einsatz von Unter-18-Jährigen in bewaffneten Konflikten verbietet. Seitdem gilt der Tag als internationaler Tag gegen den Einsatz von Unter-18-Jährigen als Soldaten. Anlässlich dieses „Red Hand Day" ruft das Deutsche Bündnis Kindersoldaten gemeinsam mit zahlreichen Organisationen weltweit zu Aktionen mit dem Symbol der roten Hand auf. Bisher haben mehr als 400.000 Menschen in über 50 Ländern weltweit mit ihrem Handabdruck gegen den Missbrauch von Kindern als Soldaten protestiert. Auch in diesem Jahr finden Rote-Hand-Aktionen in zahlreichen deutschen Städten statt. Viele Mitgliedsorganisationen des Deutschen Bündnis Kindersoldaten unterstützen Hilfsprojekte für Kindersoldaten in Asien, Afrika und Lateinamerika.
Die Aktion www.unter18nie.de des Deutschen Bündnis Kindersoldaten sammelt Unterschriften für den Verzicht der Bundeswehr auf die Rekrutierung minderjähriger Soldaten. 2016 rekrutierte die Bundeswehr mindestens 1946 17-jährige Jungen und Mädchen als Soldaten - ein neuer Rekordwert und fast das Dreifache der Zahl von 2011.
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