Deutschland muss Führungsrolle in Friedensgesprächen übernehmen
Friedrichsdorf, 28.10.2014. - Vor der heutigen internationalen Syrienkonferenz in Berlin fordert die Kinderhilfsorganisation World Vision die Bundesregierung auf, mehr Engagement für die mehr als zehn Millionen syrischen Flüchtlinge und deren Hauptaufnahmestaaten zu zeigen. Dazu gehöre auch ein stärkerer Einsatz für die Lösung des Konflikts.
„Der Winter rückt näher. Ein weiteres Jahr werden Millionen Menschen fern ihrer Heimat in Notbehausungen frieren, werden hunderttausende Kinder nicht zur Schule gehen", sagt Christoph Waffenschmidt, Vorstandsvorsitzender von World Vision Deutschland. „Deutschland als eines der wohlhabendsten Länder der Welt muss jetzt mehr tun, damit humanitäre Hilfe jeden Einzelnen dieser Menschen erreicht." Eine deutliche Aufstockung der Hilfsgelder sei erforderlich - durch die Bundesregierung und durch die internationale Staatengemeinschaft, sagte Waffenschmidt in Berlin.
Auch die angrenzenden Staaten, die immer noch täglich Tausende von Flüchtlingen aufnähmen, benötigten dringend mehr Unterstützung. „Libanon, Jordanien, Irak und die Türkei sind in einem nicht mehr hinzunehmendem Maße überlastet", sagt Waffenschmidt. Allein im Libanon stammt mittlerweile jeder vierte Bewohner aus Syrien. Die staatliche Infrastruktur ist durch den schnellen Bevölkerungszuwachs an ihre Grenzen gelangt. In weiten Teilen des Landes wird Wasser nur noch mit Tanklastwagen geliefert, Strom ist lediglich stundenweise verfügbar. Schulen sind überfüllt, Jobs wegen der hohen Arbeitslosigkeit unterbezahlt. Wohnraum ist durch die extreme Nachfrage völlig überteuert. Etwa die Hälfte der Gesamtbevölkerung lebt inzwischen unter der Armutsgrenze.
„Menschen und Kommunen in Libanon leisten Unglaubliches, um die syrischen Flüchtlinge aufzunehmen", berichtet Marc-André Hensel, der bei World Vision Libanon den Bereich Integrierte Programme verantwortet. „Doch niemand sollte denken, dass sich die Menschen im Laufe der Jahre schon irgendwie arrangieren. Die Spannungen zwischen Libanesen und Syrern wachsen." Internationale Hilfsorganisationen wie World Vision planen inzwischen nicht nur Hilfsprogramme für Syrienflüchtlinge, sondern auch für die zunehmend verarmende libanesische Bevölkerung. „Es ist an der Zeit, dass die Länder der Europäischen Union, wie auch andere gut entwickelte Länder, deutlich mehr syrische Flüchtlinge aufnehmen, um den Flüchtlingsdruck auf die aktuell direkt betroffenen Länder zu lindern. Nicht alles kann mit Geld vor Ort geregelt werden", sagt Hensel.
Ekkehard Forberg, Friedensexperte bei World Vision Deutschland, sieht die Gefahr, dass der Syrienkonflikt mit seinen Folgewirkungen in Politik und Öffentlichkeit zunehmend in Vergessenheit gerät. „Wir sollten diese Situation nicht als „business as usual" hinnehmen. Millionen Menschen warten weiterhin verzweifelt darauf, dass dieser Krieg endet." Die Weltgemeinschaft müsse eine politische Lösung des Konflikts sehr viel entschlossener angehen. World Vision fordert seit August, dass Deutschland in einer internationalen Friedensinitative eine Führungs- und Vermittlerrolle übernimmt. „Der Ruf nach einem stärkeren deutschen Engagement wird zunehmend auch in den betroffenen Ländern laut, wo Deutschland hohes Ansehen und Vertrauen genießt."
Bei der Syrienkonferenz in Berlin beraten heute Außenminister aus mehr als 40 Ländern, wie die Situation der syrischen Bürgerkriegsflüchtlinge und der Länder, die den Großteil dieser Flüchtlinge aufgenommen haben, verbessert werden kann.
World Vision hat mit seiner Syriennothilfe bislang mehr als 700.000 Menschen in Syrien, Jordanien, Libanon und Irak erreicht. Zu den Hilfsmaßnahmen gehören Lebensmittel- und Unterkunftsprogramme, Wasser-, Sanitär- und Hygieneprogramme in Flüchtlingscamps und Flüchtlingssiedlungen, Projekte zur psychosozialen Unterstützung für traumatisierte Kinder, Bildungs- und Friedensförderungsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche.
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