München, 11. Mai 2010 - Ein spektakulärer Crashtest des ADAC hat es gerade deutlich gemacht: Auf ein Auto, das mit Tempo 60 auf ein Wildschein prallt, wirken Kräfte von dreieinhalb Tonnen ein - das Gewicht eines Nashorns. Das Beunruhigende dabei: Die Chance, im Straßenverkehr unfreiwillig Bekanntschaft mit Schwarzwild zu machen, steigt von Jahr zu Jahr. 2009 kam es dem Deutschen Jagdschutz-Verband zufolge zu 28.600 Unfällen mit Wildschweinen, rund drei Mal so viele wie noch vor zehn Jahren. Der Grund: Der Tierbestand wächst ständig. Etwa 1,5 Millionen Wildschweine leben in Deutschlands Wäldern. Dazu kommen mehr als fünf Millionen Rehe und Hunderttausende Hirsche.
Das Resultat sind mehr als 200.000 Wildunfälle Jahr für Jahr, zahlreiche Tote und Verletzte sowie ein Sachschaden von mehreren Hundert Millionen Euro. Am häufigsten zu Kollisionen kommt es jetzt im Mai und Juni, wenn viele Tierarten ihre Revierkämpfe austragen, und im Herbst, wenn die Brunftzeit beginnt.
Dr. Errit Schlossberger, Geschäftsführer des Verbraucher- und Finanzportals FinanceScout24, hält diese Zahlen für höchst alarmierend: „Zu denken ‚Mir wird es schon nicht passieren' ist vor dem Hintergrund dieser Zahlen eher blauäugig. Autofahrer sollten wissen, wie sie Wildunfälle vermeiden können - und was zu tun ist, wenn es trotzdem gekracht hat, damit die Kfz-Versicherung den Schaden auch reguliert."
Die Versicherer haben ermittelt, dass die meisten Wildunfälle auf Landstraßen außerhalb geschlossener Ortschaften in der Abenddämmerung zwischen 17 und 20 Uhr und am frühen Morgen zwischen fünf und acht Uhr passieren. Wenn Tiere am Straßenrand auftauchen, empfehlen Verkehrsexperten, langsam zu fahren und zu versuchen, das Wild durch Hupen zu verscheuchen. Mit Fernlicht fahren sollte man nur, um funkelnde Tieraugen frühzeitig am Straßenrand zu erkennen. Entdeckt man ein Tier, sollte man aber sofort abblenden und dosiert bremsen, denn das grelle Licht verwirrt Wildschwein und Hirsch. Sie laufen dann oft instinktiv auf die Lichtquelle zu. Auf jeden Fall sollte man damit rechnen, dass dem ersten Tier meist ein ganzes Rudel nachfolgt und die Unfallgefahr noch nicht gebannt ist. Bei Wildwechsel-Schildern muss man deshalb grundsätzlich den Fuß vom Gaspedal nehmen: Wer statt mit Tempo 80 nur 60 fährt, verkürzt seinen Anhalteweg um 34 Meter.
„Ganz eindeutig abraten muss man von hektischen Ausweichmanövern", erklärt Schlossberger. „Diese sind meist gefährlicher als ein kontrollierter und programmierter Zusammenstoß." Der Fahrer sollte beim Abwägen zwischen den Alternativen Ausweichen, Bremsen und Zusammenstoß bedenken, dass seine Entscheidung auch schwer wiegende Folgen für den entgegenkommenden und nachfolgenden Verkehr sowie für die Mitfahrer im eigenen Wagen haben kann.
„Außerdem riskiert man mit einem Ausweichmanöver seinen Versicherungsschutz", warnt Schlossberger. Schäden bei einem Wildunfall sind am eigenen Fahrzeug in der Regel durch eine Teilkaskoversicherung gedeckt. Vorausgesetzt, es handelt sich um so genanntes Haarwild. Hierzu zählen laut Bundesjagdgesetz etwa Hirsche, Rehe, Wildschweine, Füchse, Feldhasen, aber auch Wildkatzen, Dachse und Marder. Nicht dazu gehören zum Beispiel Hauskaninchen, Hunde, Katzen, Schafe und Rinder. Wem also beispielsweise ein Hund vor das Auto läuft, muss sich zur Schadensregulierung an den Besitzer wenden. Einige Versicherer haben diese Tiergruppen inzwischen in ihre Wildschadensklausel eingeschlossen oder bieten gegen einen Aufpreis Vertragserweiterungen an.
Damit die Teilkasko den Unfallschaden reguliert, muss dieser zudem eindeutig durch den Zusammenstoß mit einem Tier verursacht worden sein. Wer hingegen ausweicht und infolgedessen von der Fahrbahn abkommt, oder gegen einen Baum prallt, riskiert seinen Versicherungsschutz. „Das gilt insbesondere dann, wenn es für den Vorfall keine Zeugen gibt und am Pkw keine Tierspuren nachweisbar sind", erläutert der FinanceScout24-Geschäftsführer. „Liegt nur die eigene Aussage des Fahrers vor, muss dieser den Schaden möglicherweise selbst tragen." Nur in Ausnahmefällen übernehme die Teilkasko die so genannten „Rettungskosten" nach einem Ausweichmanöver - nämlich dann, wenn der Lenker nachweisen kann, dass sich Wild auf der Fahrbahn befand und eine Kollision zu einem noch größeren Schaden am Fahrzeug geführt hätte. „Wer hektisch einem Kaninchen ausweicht und sein Auto dabei zu Schrott fährt, hat schlechte Karten", warnt Schlossberger. „Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte sich deshalb für eine Vollkasko-Versicherung entscheiden. Solange man nicht grob fahrlässig in den Graben fährt, deckt diese den Schaden in jedem Fall."
Wenn es gekracht hat, sollte man sofort den Warnblinker einschalten, die Unfallstelle absichern und die Polizei anrufen. Die Beamten informieren dann die zuständige Forstdienststelle oder den Jagdpächter, der sich gegebenenfalls um die Beseitigung des Tierkadavers kümmert. Wer ein totes Reh einfach in seinen Kofferraum lädt und weiterfährt, kann wegen Wilderei belangt werden. Ist das Tier nur verletzt, sollte man Abstand halten, um dessen Stress nicht noch zu vergrößern. Und Finger weg von Füchsen: Es droht Tollwutgefahr.
„Um Schwierigkeiten mit der Versicherung bei der Schadensregulierung zu vermeiden, darf man nicht vergessen, sich von der Polizei eine so genannte Wildschadensbescheinigung ausstellen zu lassen und den Fall binnen einer Woche zu melden", empfiehlt Schlossberger. Spuren von Blut und Haaren am Fahrzeug sollte man protokollieren und mit dem Mobiltelefon möglichst auch fotografieren. Sie dienen als Beweismittel, wenn das Wild nach einem Zusammenstoß verletzt flüchten konnte.
„Autofahrer sollten in ihrer Kfz-Police auf jeden Fall genau nachlesen, welche Tierarten unter die Rubrik Haarwild fallen", empfiehlt Schlossberger. „Unter Umständen lohnt sich ein Wechsel zu einem kulanteren Anbieter. Einen schnellen Tarif-Check ermöglicht unser Vergleichsrechner."
Quelle: FinanceScout24 GmbH
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